Ich kann nicht aufrecht laufen

Häufige Frage von Eltern

Der neuromuskuläre Kauergang ist gekennzeichnet durch eine dauerhafte Hüft-, Knie- und Sprunggelenk-Beugung. Ursache ist meist eine gleichzeitige Schwäche der Hüft- und Kniegelenk-Streckmuskeln, sowie der Waden- und Fußmuskeln. Der Kauergang tritt sehr häufig bei gehfähigen Patienten mit Nerven- und Muskelerkrankungen auf, beispielsweise bei Cerebralparese/GMFCS I-III, bei Spina bifida oder nach Schlaganfall und Schädelhirnverletzung.

Das Gehen wird durch die genannten Muskelschwächen, zusätzliche Spastik, Ausgleichsbewegungen und bereits fixierte Fehlstellungen erschwert. Für die wirkungsvolle und nachhaltige Behandlung ist eine genaue Analyse des Gangbildes und der Muskel- und Gelenkveränderungen erforderlich. Dafür wird an den wenigen Spezialkliniken routinemäßig eine neuroorthopädische Untersuchung und 3D-Ganganalyseverwendet.

Durch die genaue Analyse kann die Gangbildverbesserung mithilfe von speziellen Therapien, Orthesen und Operationen individuell exakt geplant werden. Funktions-Gehorthesen oder orthopädische Schuhe sind in vielen Fällen geeignet die meist im Vordergrund stehende Muskelschwäche und Instabilität des unteren Sprunggelenkes zu behandeln und eine Stabilisierung der Beinachsen zu ermöglichen. Botulinumtoxin ist nicht geeignet um einen Kauergang zu verbessern, da die Muskelschwäche verstärkt wird. Sehr oft kann eine frühe dosierte Operation mit Muskelverkürzungen, evtl. auch dosierten Muskelverlängerungen, Verlagerung von Muskelgruppen oder knöcherne Achsen- und Fußkorrektur eine gute funktionelle Ausgangsbasis für die weitere Bewegungsentwicklung schaffen. Die Größe des Eingriffs hängt von der Schwere der bereits eingetretenen fixierten Fehlstellungen ab. Bei einer Kniegelenk-Kapselkontraktur empfehlen wir beispielsweise eine meist sehr wirkungsvolle Umstellung des Oberschenkelknochens (Suprakondyläre Femurextensionsosteotomie) oberhalb des Kniegelenkes um eine volle Kniestreckung zu erzielen.

Sobald der Patient von der orthetisch-operativen Behandlung motorisch profitiert und ein neues Gangmuster erlernt, ist in der Folge auch das Rezidiv-Risiko neuerlich auftretender Verkürzungen vermindert.
Vorteilhaft ist eine einzige, beidseits gleichzeitig durchgeführte Operation der gesamten Muskelkette. Grundvoraussetzung ist das Prinzip der Frühmobilisation und eine bereits präoperativ geplante, postoperative mehrmonatige intensive physiotherapeutische Betreuung mit regelmäßigen ärztlichen Kontrollen. Die Phase der muskulären Kraftminderung soll durch Steh-, Gehtherapie und Krafttraining rasch überwunden werden. Motivationsfördernd wirken sich in der Nachbehandlungsphase Therapien in spezialisierten Rehabilitationszentren, in einer therapeutisch gut ausgestatteten Schule oder Wohneinrichtung aus.